Leitfaden zur Beantragung des Behindertenpasses

Was ist der Behindertenpass?

In Österreich ist ein Behindertenpass notwendig, um diverse Ermäßigungen und Ausgleichsangebote in Anspruch nehmen zu können. Das Ausmaß einer entsprechenden Förderung hängt vom Grad des Behindertenstatus ab, der in Prozent gemessen und im Pass festgehalten wird. Für die Ausstellung des Behindertenpasses müssen Betroffene in Österreich aufenthaltsberechtigt sein und eine amtlich festgestellte Beeinträchtigung von mindestens 50% aufweisen. Dabei kann eine einzelne Erkrankung genügen, oder im Falle einer Kombination aus mehreren Störungen und Erkrankungen Prozente addiert werden. So kann ein Prostatakrebs-Erkrankter, der mittels Active Surveillance behandelt wird, beispielweise mit einer 60%igen Behinderung eingestuft werden. Infolge einer leichten Inkontinenz können noch weitere 10% dazukommen, weswegen im Behindertenpass schlussendlich die Summe von 70% eingetragen wird. Auch Asthma, Diabetes, Hörverlust und eine Vielzahl weiterer Zusätze können das Gesamtergebnis beeinflussen, wobei 100% der maximal erreichbare Wert ist. Tumorbedingte Behinderungen werden aufgrund ihrer möglichen Heilung in aller Regel befristet ausgestellt und bedingen üblicherweise je nach Fall einer Reevaluierung nach ein bis fünf Jahren.

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Beispielfoto eines Behindertenpasses des Sozialministeriumservices

Steht mir ein Behindertenpass zu?

Für Prostatakrebs-Erkrankte relevante Punkte sind jedenfalls:

Tumorspezifische Behinderungen

  • Entfernter Tumor ohne weiterführende Behandlungsnotwendigkeit [10 - 20%]
  • Entfernter Tumor mit abgeschlossener zusätzlicher Behandlung [10 - 40%]
    • 10 - 20% bei komplikationslosem Verlauf und geringfügiger Funktionseinschränkung
    • 30 - 40% bei andauernden maßgeblichen Funktionseinschränkungen
  • Entfernter Tumor mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit [50 - 100%]
    • 50 - 100% bei nicht operativ entfernten Tumoren bei laufender Therapie
    • 100% bei nicht entfernbaren Tumoren

Inkontinenz - Entleerungsstörungen der Blase und der Harnröhre [10 - 70%]

  • 10 - 20% bei geringer Restharnbildung und längerem Nachträufeln
  • 30 - 40% bei erheblicher Restharnbildung und wenn manuelle Entleerung bzw. ein Blasenschrittmacher notwendig ist
  • 50% - 70% bei Katheterisierung

Psychische Gesundheit

  • Affektive Störungen wie Depressionen [10 - 100%]

Dazu können noch weitere individuelle Beschwerden wie Asthma, Seh- und Hörbeeinträchtigungen usw. kommen. Ergeben sie zusammengezählt 50% oder mehr, so steht Dir ein Behindertenpass mit dem angegebenen Grad der Behinderung zu. Suche daher bestenfalls das Gespräch mit Deinen Ärzten und Ärztinnen und erfrage, welche Faktoren sie in Deinem Fall für medizinisch relevant halten. 

Welchen Nutzen ziehe ich aus dem Behindertenpass?

Der Behindertenpass wird ausgestellt, wenn ein Behindertengrad von mind. 50% festgestellt wird und bestätigt den Status einer Person als behindert. Dadurch erhalten Betroffene Anspruch auf allgemeine Ermäßigungen, wie es in öffentlichen Anlagen und Infrastrukturen wie auch diversen Kulturstätten häufig der Fall ist. Beispielsweise muss man in zahlreichen öffentlichen Schwimmbädern, Thermen und weiteren öffentlichen Einrichtungen lediglich den halben Eintritt zahlen. Vorteile sind zum Beispiel:

  • 50% Ermäßigung in Schwimmbädern der Linz AG
  • 50% Ermäßigung in Zugfahrten der ÖBB (bei 70%iger Behinderung)
  • 50% Ermäßigung in vielen Museen
  • 50% Ermäßigung in Theatern, bspw. die Wiener Staatsoper und das Burgtheater
  • Befreiung von der Rezeptgebühr und vom Serviceentgelt für die e-card
  • Rundfunkgebühren-Befreiung, Fernsprechentgelt-Zuschuss, EAG-Kostenbefreiung
  • Ermäßigung in regionalen/lokalen Verkehrslinien
  • Anspruch auf Steuerfreibeträge (bereits ab 25%)
  • Status als begünstigte:r Behinderte:r für Personen bis 65 Jahren
    • Arbeitsrechtliche Vorteile wie erhöhter Kündigungsschutz oder Urlaubsanspruch (je nach Kollektivvertrag und Dienstrecht)

Im Zweifel kannst Du immer an einer entsprechenden Stelle fragen, ob es Preisvorteile mit Behindertenpass gibt. Als groben Richtwert kannst Du davon ausgehen, dass es auch überall dort Vorteile aufgrund einer Behinderung gibt, wo auch auf Studenten, Familien und Senioren Rücksicht genommen wird. Theoretisch können zudem auch spezielle Rechte wie ein blauer Parkausweis und Anspruch auf Pflegegeld gewährt werden. Die konkreten Ansprüche, die eine anerkannte Behinderung mit sich bringt, werden dabei immer individuell ermessen.

Wie kann ich einen Behindertenpass beantragen?

Die Ermittlung des Behindertengrades ist kostenlos und erfolgt in fünf Schritten:

1. Prüfe, ob Du die Voraussetzungen für Beantragung erfüllst.

  • Du musst in Österreich wohnen und aufenthaltsberechtigt sein.

2. Sammle ärztliche Befunde und lass Dir ein aktuelles Passfoto ausstellen.

  • Wichtig! Überlege Dir, welche gesundheitlichen Beschwerden für Deinen Behindertengrad wichtig sein könnten und erbitte - falls noch nicht vorhanden - deine:n behandelnden Ärzt:in um Ausstellung aktueller
    • Krankenhaus- oder Facharztbefunde
    • Entlassungsberichte
    • Gutachten, falls vorhanden
    • Reha-Berichte, etc.
  • Im Prinzip geht es bei der Beantragung des Behindertenpasses darum, den Behörden glaubhaft zu vermitteln, dass eine erhebliche Alltagsbeeinträchtigung besteht. Je mehr medizinische Beschwerden Du also nachweisen kannst, desto besser stehen Deine Chancen - auch kleine Beschwerden können relevant sein!

3. Prüfe, ob Du alle notwendigen Dokumente beigelegt hast und übermittle sie per Formular. Das kannst Du über drei verschiedene Wege übermitteln:

  • per Online-Antrag mittels Handysignatur und Bürgerkarte (ID-Austria)
  • per Post: Fülle folgendes Formular aus und sende es per Post an die zentrale Poststelle des Sozialministeriumservice in Oberösterreich (gilt bundesweit!).
    [Formular im Anhang am Ende des Artikels]
  • persönlich vor Ort: Mache Dir dazu einen Termin beim Sozialministeriumservice Deiner Landesstelle aus. Die Kontaktdaten zu allen Bundesländern findest Du hier.

4. Warte auf Deinen Bescheid.

  • Die Bearbeitung Deines Antrags kann je nach Bundesland und Befundlage mehrere Wochen bis Monate dauern.
  • Das Sozialministeriumservice prüft deine Unterlagen. Möglicherweise wirst du zu einer Untersuchung geladen, damit ein Amtsarzt deinen Grad der Behinderung beurteilt.
  • Du bekommst einen Bescheid, in dem steht,
    • ob dir ein Behindertenpass zusteht.
    • welcher Grad der Behinderung festgestellt wurde.
  • Bei positivem Bescheid wird der Behindertenpass automatisch direkt mitgeschickt (Karte im Scheckkartenformat).

Bei weiteren Fragen

Wenn auch Du schon Erfahrungen mit der Beantragung des Behindertenpasses gemacht hast und diese teilen möchtest. Auch sonst freuen wir uns über Anregungen und Ergänzungen, falls du beispielsweise Vorteile kennst, die im Beitrag noch nicht erwähnt wurden. In diesem Fall ist unser Forum der perfekte Ort, um Dein Wissen zu teilen.

Des Weiteren sei betont, dass dieser Beitrag lediglich zur Aufklärung der Frage dient, welche Vorteile ein Behindertenpass mit sich bringen kann, sowie als Orientierungshilfe zur Selbsteinschätzung, ob ein Behindertenpass infrage kommen könnte. Bei weiteren Fragen wende Dich bitte an den Sozialministeriumservice.

Die genaue Einschätzungsverordnung, die für die Evaluierung der Behinderung herangezogen wird, findest Du hier.

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